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Bowling um Spitzenwein Mondovino“ von Jonathan Nossiter

„Für einen großen Wein braucht es Dichter, heute haben wir Önologen“ Aimé Guibert, Winzer, Aniane/Frankreich

Wein nicht nur zu trinken, sondern sich an Farbe, Aroma, Duftnote und dem Zusammenspiel von Natur und Kreativität eines Winzers zu erfreuen und mit Gleichgesinnten darüber zu diskutieren, das ist mittlerweile zu einem weit verbreiteten Hobby geworden. Doch die so gemütlich erscheinende Weinwelt ist in Aufruhr, ein Krieg bahnt sich an, ein Krieg zwischen zwei Begriffen, welche die Welt des Weins in zwei Lager unterteilen: Terroir und Marke.

Jonathan Nossiters Film dokumentiert die Weinwelt als Schauplatz der Globalisierung. Zum einen ist da die Philosophie der Terroir-Winzer, die den regionalen Boden als ein Naturgut betrachten, das sich in ihren Weinen geschmacklich sehr individuell manifestiert. Im Gegensatz dazu stehen große Konzerne, die mit Hilfe eines Zusammenspiels aus moderner Analyse und nachträglicher Modifikationsmöglichkeiten des Weins, sowie guten Verbindungen zu Medien und vor allem Kritikern einen geschmacklich recht einheitlichen, auf der ganzen Welt herstell- und verfügbaren Wein produzieren.

 

Symbol der Zivilisation

Nossiter, selbst diplomierter Sommelier, verfolgt diese Front in seiner Dokumentation, regional gegen global, Weinbauern gegen mächtige Industriebosse, Traditionalisten gegen Moderne. Wein als Symbol für Zivilisation – das gehört nach Aussage eines sardischen Malvasia-Winzers längst der Vergangenheit an. Für ihn haben die meisten Weine keine Identität mehr, „man weiß nicht mehr woher der Wein kommt und wer ihn gemacht hat“. Doch viele Betriebe reizt der Umsatz, den die guten Bewertungen der Kritiker, wie von dem im Film auftretenden Robert Parker, versprechen. So gehen sie zu einem Önologen und Vermarktungsspezialisten wie Michel Rolland, der laut eigener Aussage „natürlich“ mit Parker sehr gut befreundet ist und lassen sich ihren Wein durch verschiedene Verfahren, wie zum Beispiel die nachträgliche Zufuhr von Sauerstoff (Mikro-Oxidation), auf den persönlichen aber mittlerweile weltweit etablierten Geschmack des großen Meisters Parker trimmen. Der testet natürlich, wo Michel Rolland für viel Geld Hand angelegt hat und, Bingo, 90 Punkte plus, der Kreis schließt sich wieder.

 

Clan der Kalifornier

Rolland zählt mächtige Weinimperien auf der ganzen Welt zu seiner Kundschaft, darunter den mittlerweile aufgeteilten kalifornischen Konzern von Robert Mondavi (Produktion: 120 Mio. Fl./Jahr), der sich im Film noch als enges Familienunternehmen darstellt.

Sehenswert ist allein schon der Einfluss des Clans auf die Übernahme und Entwicklung von toskanischen Topweinen, den sogenannten „Super-Toscan“, wie dem Ornellaia. Ganz ehrlich, was das Ausspielen zweier Florentiner Weindynastien betrifft, die Modifikation des Weins mit dem „guten Freund“ Michel Rolland, sowie die Ansichten von Vater und Sohn Mondavi im Allgemeinen, das alles erinnert, wen auch unblutig, etwas an „Der Pate“ von Francis Ford Coppola (ebenfalls Winzer in Kalifornien), an den Clan der Corleones.

 

Macht und Leidenschaft

Wackelige, oft etwas überbelichtete Digicam-Bilder kontrastieren die oft elitäre Welt des Weins und ganz im Stil einer Michael Moore-Dokumentation lässt Nossiter durch geschickten Gegenschnitt die Ansichten aufeinanderprallen. Nach und nach wird auch dem Laien somit das Zusammenspiel zwischen Kritikern, Önologen und Industrie erklärt und auch die Ideologie der „Terroir-risten“.

Nossiters Interesse an den Menschen, die Weine produzieren, vertreiben, verändern und bewerten, macht Mondovino zu einem höchst interessanten Film, der „in dem kleinen Kosmos des Weins sehr genau die Prozesse und Konflikte spiegelt, die auch die Welt im großen bewegt“, so der Regisseur. In jedem Fall wird er so manchem Zuschauer einen neuen Bezug zu Wein vermitteln, wenn er das nächste Mal im Supermarkt vor dem Regal steht. Und auch Weinkenner, oder solche, die sich dafür halten, erfahren so allerhand über Struktur und Machtverhältnisse ihrer großen Leidenschaft.

„Wo Wein ist, ist Zivilisation, keine Barbarei“, mein der Winzer Hubert de Montille aus Volnay/Burgund. Schön wär’s.

Rainer Germann

Filmtipp In-München (Ausgabe 9/05)


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